«Wir können ein Vorbild für andere Betriebe sein» 21. Sep 2023 Marcel Coray, Bereichsleiter Hotellerie und Service am Kantonsspital Graubünden (KSGR), erklärt, wie und wo das KSGR mit welchen Mitteln ansetzt, um Lebensmittel effizient zu nutzen. Das Stichwort dazu: Food Save. Worum geht's bei Food Save? Man sprach jahrelang davon, gegen Food Waste vorzugehen. Food Save ist die positive Formulierung. Es geht um den Schutz und den sparsamen Umgang mit Lebensmitteln. Inhaltlich bleibt die Stossrichtung die gleiche. In der Schweiz wird ungefähr ein Drittel der Nahrungsmittel nicht der menschlichen Ernährung zugeführt. Diesen Anteil wollen wir so klein wie möglich halten. Food Save ist ein Teil der Nachhaltigkeitsstrategie des Kantonsspitals Graubünden. Wie setzt sich dieses Drittel zusammen? Das beginnt beim Anbau bzw. der Produktion, geht über Transport, Verkauf bis hin zu Produktion und Verteilung. Die Kette ist lang. Im Jahr 2019 gingen gemäss Bundesamt für Umwelt in der Schweiz etwa 330 Kilogramm Lebensmittel pro Person verloren. Wo können wir als KSGR ansetzen? Bei der Angebotsplanung. Damit steuern wir, welche Produkte wir wann einsetzen wollen. Wenn wir beispielsweise saisonale Produkte einsetzen, haben wir eine höhere Verwendungsquote. Man darf sich aber nicht blenden lassen. Auch wenn wir lokale und saisonale Produkte verwenden, wird auch hier schon bei Anbau und Ernte ein gewisser Anteil verloren gehen. Dennoch setzen wir auf lokale Partner? Natürlich. Wir arbeiten gezielt mit lokalen Partnern, Bio-Landwirtschaftsbetrieben und Lieferanten zusammen. Wir verknüpfen unsere Angebotsplanung mit möglichst nachhaltigen Produktionsstätten. Das tun wir aber nicht erst seit heute. Wir sind seit acht Jahren Mitglied des Vereins «United Against Waste», der Betrieben, die Food Save betreiben wollen, unterstützend zur Seite steht. Wie sieht diese Unterstützung aus? Sie beraten und analysieren den Ist-Zustand eines Betriebes und helfen bei der Erarbeitung von Lösungsansätzen für mehr Food Save. Bild Der Schutz und der sparsame Umgang mit Lebensmitteln spielen eine zentrale Rolle, wenn es um Food Save geht. Wo hat das KSGR seither konkret angesetzt?Wir produzieren zeitnah statt auf Vorrat. Im Restaurant haben wir Mittagsbetrieb bis um halb zwei. Das heisst, dass wir auch dann noch ein breites Essensangebot haben müssen. Andererseits wollen wir aber auch nicht zu viel Essen am Buffet haben. Wir organisieren uns nach der Maxime: lieber etwas nachkochen, als viele Reste entsorgen. Ähnlich sieht es bei der Patientenverpflegung aus. Wie findet man die richtigen Mengen?Wir haben letztes Jahr während vier Wochen gemessen, wo wir wie viel Nahrungsmittel entsorgen mussten. So haben wir gesehen, wo wir Optimierungspotenzial haben. In der Küche? In der Lagerung? Gab es Fehlproduktionen? Was kommt von den Buffets zurück? Wie viel Reste bleiben auf den Tellern bei der Geschirrrückgabe übrig und ganz wichtig: Was kommt von den Stationen, von der Patientenverpflegung zurück. Das machte zwei Drittel des Food Waste aus, wenn man die Rüstabfälle nicht mitberücksichtigt, die ja kaum vermeidbar sind. Wir konnten nach dieser Messung ziemlich genau eruieren, wo wir effizienter werden können. Gibt’s ein Beispiel für Verbesserungen bezüglich Patientenverpflegung?Kaffee! Wir hatten einen grossen Rücklauf an Kaffee und Milch, beides mussten wir entsorgen. Warum war das so? Weil auf den Stationen Kaffee und Milch in Kännchen serviert wurden. Wir haben dann zusammen mit dem Room-Service geschaut, wie wir da besser werden können, die Mengen angepasst und haben nun auf den Stationen Kaffeemaschinen, mit denen man einzelne Kaffees zubereiten kann. Zudem haben wir die Suppen- und Dessertportionen etwas kleiner gemacht, auch da blieb oft etwas übrig. Zurück zu den liefernden Betrieben. Wie können wir da gemeinsam mit ihnen optimieren?Die Konzentration auf lokale Anbieter und ein saisonales Angebot hat den Vorteil, dass wir mit unseren lokalen Partnern bereits eine Anbauplanung machen können. Das heisst, wir bestellen beispielsweise konkret drei Tonnen Kartoffeln, eine Tonne Kürbisse, zwei Tonnen Karotten etc. Dadurch kann der Anbaubetrieb genauer planen und Überproduktionen vermeiden. Food Save kostet. Am Ende muss es auch wirtschaftlich sein. Gleichen sich Aufwand und Ertrag irgendwie aus?Der finanzielle Aspekt ist nicht von der Hand zu weisen. Nehmen wir das Beispiel Frühkartoffeln. Kommen die aus Ägypten oder Israel kosten sie weniger als die lokalen Kartoffeln, das kennen wir alle auch aus dem Detailhandel. Das hat mit den niedrigen Produktionskosten wie z.B. den Löhnen zu tun. Das ist einfach Realität. Wenn wir als KSGR nun aber eine Kooperation mit einem lokalen Produzenten haben und ihm eine bestimmte Menge pro Jahr garantiert abnehmen können, umgehen wir den Zwischenhandel, der natürlich auch eine nicht unwesentliche Marge auf den Preis schlagen würde. Wir zahlen am Schluss also nicht mehr für das Produkt und haben gleichzeitig Food Waste durch Überproduktion und Transport verhindert. Das KSGR hat die Grösse, um einen solchen Aufwand zu betreiben. Was können andere tun?Der Kanton Graubünden hat vor kurzem das Projekt «Food Save Graubünden» lanciert. Es richtet sich an die Individual- wie Gemeinschaftsgastronomie, Hotels, Alters- und Pflegezentren, Sozialeinrichtungen und Spitäler. Durch unsere Erfahrungen und die bereits bestehende Zusammenarbeit mit «United Against Waste» können wir Vorbild für andere Betriebe sein. Sie sollen von unseren Erfahrungen profitieren können.
Bild Der Schutz und der sparsame Umgang mit Lebensmitteln spielen eine zentrale Rolle, wenn es um Food Save geht.