40 Jahre Intensivmedizin sind 40 Jahre Menschlichkeit, Respekt und Würde | Kantonsspital Graubünden

40 Jahre Intensivmedizin sind 40 Jahre Menschlichkeit, Respekt und Würde

24. Okt. 2024
Erleben Sie eine Zeitreise hin zu einer modernen Intensivstation, für unsere Patient:innen. Getragen von den Mitarbeitenden und einer sich immer weiter entwickelnden Technik, die die Genesung unterstützt. Ausgestellt in einer Vitrine in der Eingangshalle des Hauptgebäudes des KSGR.

Bevor alles begann: Maschinen und nochmals Maschinen

Schon vor der offiziellen Geburtsstunde der Intensivmedizin, am damaligen Rätischen Kantons- und Regionalspital Chur, waren seit den späten 1950er Jahren drei Beatmungsgeräte (Engström 300) für Langzeitbeatmung und Anästhesie im Einsatz. 1975 folgte der Erwerb von zwei weiteren Beatmungsgeräten (Monaghan 250). Überwachungsgeräte erlaubten damals schon ein erstes kontinuierliches Aufzeichnen von Patienten-Messwerten wie Puls, Blutdruck und Atemfrequenz (= Patienten-Monitoring). 
1983 wurde der weltweit erste Veolar (vor den Fotos ausgestellt) leihweise in Chur eingesetzt und parallel am europäischen Intensiv-Kongress in Genf als kleine Sensation vorgestellt. Die Intensivstation in Chur arbeitete seither eng mit der Firma Hamilton Bonaduz zusammen. Im gegenseitigen Austausch wurden die Geräte weiterentwickelt und die Patient:innen auf der Intensivstation Chur kamen so immer wieder in den «Genuss von Geräte-Weltpremieren».
 

1984 Geburtsstunde der Intensivmedizin am Rätischen Kantons- und Regionalspital Chur 

Mit der räumlichen Zusammenlegung der Abteilungen CHIPS und MIPS (chirurgische und medizinische Intensivpflegestation), 1984, ins damals neu gebaute B-Haus, entstand eine interdisziplinäre Intensivstation. Damit erfüllte man die Anforderungen der Schweizerischen Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI) und erhielt gleichen Jahres die formale fachgellschaftliche Anerkennung (Zertifizierung). Mit der bereits 1980 gegründeten Schule für Intensivpflege an der damaligen evangelischen Krankenpflegeschule (EKS) in Chur wurde ein weitsichtiger Grundstein für die künftige innerkantonale Ausbildung gelegt. 1982 schlossen die ersten sechs Pflegenden die Weiterbildung für Intensivpflege ab. 
Parallel zur technologischen Aufrüstung zum Wohle der Patient:innen fand auch in den Büros eine solche statt. 1985 hielt ein Apple Macintosh 128 Einzug in die Intensivstation, finanziert durch einen wissenschaftlichen Preis, den die damaligen Ärzte der Intensivstation gewonnen hatte. Ihn als Geschenk für das Spital anzunehmen, wurde vom damaligen Spitaldirektor abgelehnt, da PCs im Spital keine Zukunft hätten. Der damalige Chefarzt Dr. Adrian Frutiger installierte dann ein abteilungsinternes Apple-Netzwerk, um Arzt- und Pflegeberichte etc. zu verfassen und digital zu archivieren. 2006 entstand aus dem Rätischen Kantons- und Regionalspital Chur, dem Kreuzspital und dem Frauenspital Fontana das heutige Kantonsspital Graubünden (KSGR). 2007 führte die Intensivstation in Chur als eine der ersten Intensivstationen der Schweiz ein Patientendaten-Managementsystem (PDMS) ein und wurde damit zur papierlosen Intensivstation.
 

Mensch im Zentrum: Patienten, Angehörige und Personal

In der Intensivmedizin stehen Patient:innen im Zentrum, deren Leben sich gesundheitlich oftmals an einer kritischen Weichenstellung befindet. Nach der rasanten technologischen Entwicklung wuchs das Bedürfnis nach einem eigenen Berufsbild für das Personal. Mit der Einführung des eidgenössischen Facharztes für Intensivmedizin 2001 und der nationalen Positionierung der Ausbildung für Intensivpflege auf Tertiärstufe der höheren Berufsbildungen (Nachdiplomstudium (NDS) höhere Fachschule (HF) Intensivpflege (IP)) im Jahr 2010 wurden wichtige Meilensteine im Hinblick auf die weitere Professionalisierung der intensivmedizinischen Versorgung der Patient:innen im Kantonsspital Graubünden umgesetzt. Gleichberechtigte ärztliche und pflegerische Partner, gelebte Teamarbeit, Interprofessionalität und Interdisziplinarität stehen für die heutige moderne Intensivmedizin. Mit der personellen Spezialisierung entwickelte sich die Intensivstation auch räumlich stets weiter. 2020 erfolgte nach jahrelanger Planung der Bezug der modernen und patientenfreundlichen Infrastruktur für die Intensivstation und die IMC (Intermediate Care) im Neubau des KSGR.
Der Fachbereich Intensivmedizin wuchs auf 19 hochinstallierte Betten an. Die Pandemie festigte das Bewusstsein weiter, wie wichtig der Einbezug der Angehörigen als Bindeglied zu den Patient:innen ist. Je mehr man über den Menschen Bescheid weiss, den man behandelt und mit dem oftmals keine direkte Kommunikation möglich ist, desto einfühlsamer werden die richtigen Massnahmen ergriffen. So können Werte und Wünsche einzelner Patient:innen respektiert werden für eine individuell angepasste, optimale Intensivbehandlung.
 

Ausbildungsgemeinschaft KSGR und BGS

Das BGS (Bildungszentrum für Gesundheit und Soziales), Nachfolgeorganisation der 1980 gegründeten EKS, ist in Ausbildungsgemeinschaft mit der Intensivstation KSGR für berufsbegleitende Weiterbildung zu Expert:innen HF für Intensivpflege verantwortlich. In 360 theoretischen Lektionen über pathophysiologische Zusammenhänge sowie 540 praktischen Lektionen bei der professionellen Pflege schwerer und schwerstkranker Patient:innen werden zielgerichtetes Handeln, psychosoziale, ethische und familienbezogene Kompetenzen erlernt. Durch die enge, sehr praxisbezogene Zusammenarbeit herrscht ein hohes Mass an Zufriedenheit. Bereits 162 Absolvent:innen haben diesen Nachdiplomstudiengang absolviert – oftmals mit nationalen Höchstleistungen. Viele davon blieben dem KSGR «erhalten».

Neben Entwicklungen wie KI und weiteren, unterstützenden Technologien werden auch in Zukunft nur Menschen die Respektierung ethischer Prinzipien, Achtung der Lebensqualität und der persönlichen Autonomie gewährleisten können. Diesen Grundwerten bleibt die Intensivmedizin am KSGR weiterhin verpflichtet.
 

Ausgestellte Fotos und Geräte

Fotos

Die Fotos wurden von Beate Reissmann, Intensivpflegefachfrau und Fotografin aufgenommen, die früheren Aufnahmen vor 2005 von ihr aufbereitet.
 

«Dreams» - Interaktive Videoinstallation in der «Eisernen Lunge», Marck (*1964, GL)

Was träumt man, wenn man wochen-, monate- oder fast lebenslang in einer «Eisernen Lunge» liegt? 
Für den Glarner Videokünstler Marck war von Anfang an klar, dass die «Eiserne Lunge» zwar physisch für das Weiterleben verantwortlich ist. Für das Überleben der Patienten ist aber der Kontakt zu anderen Menschen ausschlaggebend. Menschliche Nähe steht im Zentrum seiner Installation, bei der Marck das grüne «Stahlmonster» in eine interaktive «Traummaschine» verwandelt hat. 
Nähert man sich «Dreams», so werden im Inneren der Maschine, wo sonst der Mensch liegt, Videos generiert. Je nachdem wie man herantritt oder ob man stehen bleibt, passiert etwas anderes. Schnellere oder farbige Bilder werden generiert. Aus dem Chaos formt sich ein menschlicher Körper. Der Mensch in der «Eisernen Lunge» hört und sieht, dass sich jemand nähert und freut sich auf eine Berührung oder nette Worte. Emotionen erwachen, von denen man nie weiss, was einen erwartet. Mit seiner «Traummaschine Dreams» stellt Marck dieses Chaos der Emotionen nach und zeigt, wie wichtig der Mensch ist.

Die «Eiserne Lunge» ist eine amerikanische Erfindung aus den 1920er Jahren und war in Chur nie im Einsatz. Sie kam als Geschenk in die Sammlung der medizinhistorischen Geräte des KSGR. 
Im März 2024 verstarb 78-jährig der Amerikaner Paul Alexander, der letzte Patient in einer «eisernen Lunge». Aufgrund einer Kinderlähmung war er seit seinem sechsten Lebensjahr darauf angewiesen. Er wurde Anwalt, Buchautor, Social Media-Star und verdankte sein Leben dieser ersten Beatmungsmaschine der Welt. Niemand lebte je länger in dieser Maschine als er. 
Das Wichtigste damals, wie heute, ist und bleibt der Mensch. Der Kontakt zu Menschen, die physisch da sind und Pflege, Trost, Liebe, Respekt spenden.

Probieren Sie es aus: Nähern Sie sich «Dreams» und beobachten Sie, wie sich die Videos darin verändern, je näher sie an die Maschine herantreten. (Bitte nicht berühren.)
 

Veolar

Im Jahr 1984 war der VEOLAR das erste Beatmungsgerät, das von einem Mikroprozessor gesteuert wurde. Damit gehörten analoge elektronische Geräte der Vergangenheit an. Software war der neue Standard und eröffnete eine Welt an neuen Möglichkeiten.
 

Hamilton C6 (heute im Einsatz)

Der HAMILTON-C6 verkörpert eine neue Generation hochmoderner Beatmungsgeräte. Er vereint Modularität, Bedienfreundlichkeit und Mobilität mit den modernsten Funktionen und ermöglicht es, die Beatmungstherapie auf individuelle Patienten-Bedürfnisse anzupassen.
 

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